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Impressionen

Die Frauenkunstwerkstatt ist für mich eine Oase, ein sicherer Raum, ein Ort des Lernens und Wachsens, wie es sehr wenige, viel zu wenige gibt. Wenn ich die Werkstatt betrete, fallen ein paar meiner Schichten meiner Rüstung ab. Ich bin etwas weniger mit Schützen und Kämpfen beschäftigt als damit, zu spüren und wahrzunehmen. Das ist ein Geschenk, wenn Angst der ständige Begleiter ist. Als ich noch dabei war, meine Basisfunktionen wieder zusammen zu sammeln und jeder Schritt vor die Tür mit Schrecken verbunden war, war die Frauenkunstwerkstatt meine Motivation zu üben, das Haus zu verlassen. Waren die Frauen in den Gesprächsrunden es, die mir Mut und Hoffnung machten. War die Weihnachtsfeier ein Trost spendendes Ereignis, das mich erinnerte: Es gibt auch eine freundliche, angenehme Seite der Welt.

Krankheit macht einsam. Während ich jetzt also neu Laufen lerne, kann ich nicht nur hier sein, sondern auch so sein, wie ich bin. Ich kann wunderlich und verschlossen sein. Ich darf überschwänglich und albern sein. Lachen und Weinen und Reden und vor allem: Malen. Malen was ich will, ohne Bewertung, mit Feedback, wenn ich möchte – oder auch nicht.

An dieser Stelle ist mir ein Wort zur Kunst wichtig: Sie ist keine Beschäftigungstherapie, kein Wellnessangebot und keine Bildungsveranstaltung. Für mich kommt Kunst von Kennen – oder Kennenlernen, und zwar sich selbst, wenn es richtig gut läuft, auch sich selbst in der Welt. Oft habe ich mit Staunen beobachtet, wie innere Zustände oder Prozesse plötzlich im Gestalteten auftauchen und Sinn ergeben, wie auch bei Gruppenarbeiten Zusammenhänge erkennbar werden, die über das materiell Wahrnehmbare hinausgehen. Ich empfinde es als großes Glück, mich in einem Umfeld von Menschen erproben zu dürfen, die alle eine Absicht bzw. Freude teilen, nämlich kreativ zu sein. Ich glaube, das gibt uns hier eine besondere gemeinsame Basis, die auch zum harmonischen Miteinander beiträgt.

Humorvoll, weise und mit Mitgefühl gehen die Team-Frauen mit uns um. Ich fühle mich hier geschützt, aber nicht entmündigt. Freundlich und zugewandt, aber Grenzen wahrend. Verantwortung wird uns nicht abgenommen, aber man wird auch nicht allein gelassen. Das Einzigartige, das sich mit Worten schwer beschreiben lässt, ist die Haltung und die Atmosphäre, die das Team für uns schafft. Ich empfinde das als ständige Ermunterung zur Selbstfürsorge sowie als Einladung, teilzuhaben. Liebevoll zusammengefasst also: Die FKW ist ein empathisches Gewächshaus für zarte Pflanzen, mit den kundigsten und freundlichsten Gärtnerinnen, die ich mir vorstellen kann. Und das Beste daran ist: bei so viel Nährboden erinnern sie mich immer wieder daran, Wachsen muss, kann und darf ich selbst.

Constanze

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Freiräume

Auf der ganzen Welt gibt es Frauen, die neue Freiräume für sich erkämpfen, sei es in der Gesellschaft, der Politik, der Wirtschaft oder anderen Bereichen. Zu diesen Frauen gehören auch jene, die unter einer psychischen Erkrankung leiden. Solch eine Erkrankung gibt Dir das Gefühl, in einem Zimmer eingesperrt zu sein, getrennt von den Mitmenschen und dem Leben. Das ist eine schwierige Situation auch für die Angehörigen, die zu ihrer Tochter, Schwester oder Mutter wollen, um zu sagen „Leb mit uns“, aber feststellen müssen, dass die Mauern der Krankheit zu dick sind und sie nicht durchdringen.

Glücklicherweise leben wir in einem Land, in dem Betroffene Hilfe in Form von Medikamenten und Therapien erhalten. Diese Hilfen sind unverzichtbar, wenn es darum geht, sich aus dem Gefängnis der Krankheit zu befreien. Sehr häufig ist es mit einer Therapie nicht getan, denn es ist ein langer mühevoller Weg, auf dem immer wieder ein kleines Stück Freiheit und damit mehr Lebensqualität erkämpft werden muss. Und manchmal dauert dieser Prozess ein Leben lang. Gut, dass es da einen Ort wie die Frauenkunstwerkstatt gibt, wo ein engagiertes Team mit viel Geduld den eben beschriebenen Entwicklungsprozess begleitet und unterstützt. Ein Ort, an dem eine lebensbejahende Atmosphäre herrscht, an dem ich sein kann, an dem ich mich mit anderen Betroffenen austauschen kann und wo ich auch einmal ohne Scham sagen darf: „Ich traue mich gerade nicht weiter, weil mir das Leben Angst macht.“ Hier an diesem Ort erarbeite ich mir meine ei genen ganz persönlichen Freiräume.

Doris S., (2019)

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